https://www.pv-magazine.de/2022/08/12/olg-braunschweig-weist-klage-wegen-blendender-photovoltaik-anlage-zurueck/
In Niedersachsen ist ein Streit über die Reflexionen einer Photovoltaik-Dachanlage zwischen Nachbarn derart eskaliert, dass er mittlerweile die Gerichte beschäftigt. In einem kürzlich gefällten Urteil (Az. 8 U 166/21) bestätigten die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Göttingen, wonach die Blendung durch die Solarmodule nicht so stark ist, dass der Kläger deren Unterlassung oder Beseitigung verlangen kann.
Der Kläger hatte behauptet, durch die Reflexion der Sonneneinstrahlung auf die Solarmodule in Teilen seines Hauses in unzumutbarer Weise geblendet zu werden, wie das OLG Braunschweig den Fall schildert. Mit Verweis auf technische Normen und Regelwerke, etwa zu Grenzwerten bei Lichtemissionen/-immissionen, verlangte er die Beseitigung. Das Landgericht Göttingen holte dafür ein Sachverständigengutachten ein und wies die Klage ab. Dieser Einschätzung schlossen sich die Richter im Berufungsverfahren an, obwohl die eine grundsätzliche Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers einräumten. Jedoch sei diese Beeinträchtigung nicht wesentlich, so der 8. Zivilsenat des OLGs Braunschweig. Maßstab für die Frage, ob eine Beeinträchtigung noch unwesentlich oder bereits wesentlich ist, sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, das Empfinden eines „verständigen Durchschnittsmenschen“. Im konkreten Fall bedeute dies des „Durchschnittsbenutzers“ des beeinträchtigten Grundstücks, hieß es weiter.
Das OLG Braunschweig verwies ebenfalls darauf, dass es für Reflexionen durch Sonneneinstrahlung keine durch Gesetze oder Richtlinien festgelegten Richtwerte gebe. Der Hinweis der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI), dass eine erhebliche Belästigung vorliegen könne, wenn die Lichteinwirkung mindestens 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden pro Kalenderjahr betrage, beziehe sich eher auf andere Konstellationen jenseits von Photovoltaik-Anlagen und sei zudem nicht verbindlich. Dennoch könne die Einschätzung als Entscheidungshilfe herangezogen werden.
Die Sachverständigen hatten im vorliegenden Fall in ihrem Gutachten festgestellt, dass die Solarmodule der Photovoltaik-Anlage in dem Wohnraum des Klägers insgesamt nur an 60 Tagen im Jahr und insgesamt unter 20 Stunden pro Jahr wahrnehmbare Reflexionen verursachten. Der Sachverständige hat nach Angaben des Gerichts für diese Erkenntnisse unter anderem die Lage der Wohnhäuser, die Neigungswinkel der Anlage, den Sonnenstand und Wetterdaten ermittelt und ausgewertet. Zudem gab es einen Ortstermin, an dem zwar eine Aufhellung festgestellt werden konnte. Allerdings sei eine Blendung des Auges dadurch nicht gegeben. Auf Basis dieser Untersuchungsergebnisse wies das OLG Braunschweig die Klage im Berufungsverfahren ebenfalls ab.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.